Altona-Nord wird Förderungs­gebiet

Ein Bild von der Neuen Flora in Altona, währenddessen vor dem Gebäude reger Verkehr herrscht.
Jeden Nachmittag ist Rushhour vor der Neuen Flora an der Stresemannstraße. Foto: Scheerer

Altona-Nord: Zwischen Idylle und Problemen – 2026 soll der Stadtteil RISE-Fördergebiet werden, um Lebensqualität zu stärken.

Wer die vielbefahrene Stresemannstraße unfallfrei überquert hat und in die Oelkersallee einbiegt, wähnt sich unvermittelt in einer fast kleinstädtischen Idylle: Zugewachsene Vordergärten säumen den Fußweg, stille Hinterhöfe gibt es zu entdecken. Wir befinden uns in Altona-Nord, einem Stadtteil zwischen Altona-Altstadt und Eimsbüttel, zwischen Max-Brauer-Allee, Fruchtallee und Kieler Straße.

Altona-Nord wirkt nicht so, als gebe es hier gravierende Probleme. Hier stehen noch viele alte Häuser aus der Zeit um 1900, die Vorgärten wirken gepflegt. Doch es gibt auch Schattenseiten: Mehrere Hauptverkehrsadern durchschneiden den Stadtteil. Das Holstenareal liegt seit Jahren brach, am Bahnhof Holstenstraße gibt es seit geraumer Zeit Probleme mit der Drogenszene. Die Bezirksversammlung Altona hat kürzlich auf Antrag von SPD und Grünen einen Beschluss gefasst, demzufolge Altona-Nord 2026 zum RISE-Gebiet erklärt wird.

Gemeint ist damit das Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE), das zur Anwendung kommt, wenn es in einem Gebiet gravierende Defizite gibt. Gemeint ist mit dem Rahmenprogramm, dass der Senat bestimmte Projekte fördert, die nicht aus dem Haushalt des Bezirks bezahlt werden müssen. Doch was soll eigentlich gefördert werden? Genannt werden bestimmte „Handlungsfelder“ wie etwa: städtebauliche Strukturen, Sport und Bewegung, Kultur im Stadtteil, Wohnumfeld und öffentlicher Raum, Mobilität, Soziales/Inklusion und einiges mehr.

Defizite sind zumindest auf den ersten Blick nicht sichtbar, bettelnde und betrunkene Menschen wie an der Ottenser Hauptstraße sieht man hier kaum. Doch der erste Blick täuscht. Patrick Müller-Constantin von der SPD-Bezirksfraktion will besonders den „Bereich zwischen Campusschule, Alsenplatz, Waidmannstraße und Eckernförder Straße“ unterstützen. Mit „Campusschule“ ist der „Campus Kieler Straße“ gemeint, eine Stadtteilschule mit gymnasialem Zweig. Der Grünen-Bezirksfraktion sind vor allem „die Themen im nördlichen Teil“ wichtig: „Verkehr und Mobilität, soziale Angebote und Klimaschutz; im südlichen Bereich nahe dem Holstenbahnhof stehen Sicherheit und Kriminalität sowie das Stadtbild im Vordergrund.“

Das Förderprogramm böte „die Möglichkeit, die soziale Infrastruktur und damit auch die Lebensqualität der Bewohner:innen des Stadtteils Altona-Nord zu verbessern“, betont Andrea Benkert von der Linksfraktion. Vor allem sollten „auch die Bewohnerinnen und Bewohner selbst in die Erarbeitung von Maßnahmen einbezogen und nach ihren Bedürfnissen und Wünschen befragt werden“.

Kleine Umfrage vor Ort. Anwohner Reimund Seigies (71) hat vor allem den „Platz ohne Namen“ im Blick, eine gepflasterte verkehrsberuhigte Fläche nahe der Kieler Straße: „Schön wäre hier eine Boule-Bahn oder ein Café. Und eine Umgestaltung wäre nötig, damit es dort nicht so tot aussieht.“ Auch Michael Sch. (55), der seinen vollen Namen nicht nennen will, spricht sich für eine Belebung des Platzes aus. Er wünscht sich für den Bereich „ein Restaurant oder ein zentrales Café, wo es auch kleine Speisen gibt“. Die Wirtin vom nahe gelegenen „Astra-Stübchen“ in der Straße Ophagen kann sich erinnern, „dass hier früher mal alles voller Leben war: Es gab eine Schlachterei, einen Imbiss, einen Fischladen, einen kleinen Spar-Laden und einen Kiosk“. Der nahe gelegene Spielplatz müsste mal aufgehübscht werden, so die Wirtin: „Der ist doch recht eintönig.“

Ortswechsel: Der Bertha-von-Suttner-Park, nahe der Max-Brauer-Allee, gilt als Drogen-Hotspot. Doch an diesem Nachmittag unterhalten sich lediglich zwei Anwohner auf der Wiese mit ihren Hunden. Die Ruhe trüge, betonen die Hundehalter. Mit Anbruch der Dunkelheit kämen die Drogenkuriere auf Fahrrädern vorbei, um ihre „Kunden“ zu beliefern. Dabei komme es immer wieder zu lautstarken Auseinandersetzungen. Viele Anwohnerinnen würden sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr raus trauen, sagen die Hundehalter. Sie wünschen sich, „dass die Polizei sich mal häufiger blicken lässt“. Aber es klingt, als glaubten sie selbst nicht so recht daran.

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