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Der Bus-Chef, der selbst am Steuer sitzt

Im Porträt: Dr. Lorenz Kasch, Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein
Wenn Dr. Lorenz Kasch morgens zur Arbeit fährt, tut er das wie viele andere Hamburgerinnen und Hamburger auch – mit Bus und Bahn. Auf einen Dienstwagen verzichtet der Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (vhh.mobility). Seine originelle Begründung: Mit den Öffis sei doch jede Fahrt wie mit einem privaten Chauffeur!
Kasch (54) ist jemand, der es ernst meint, wenn er von nachhaltiger Mobilität spricht. Seit er 2023 in die Geschäftsführung der VHH aufgestiegen ist, arbeitet er daran, den öffentlichen Nahverkehr in der Metropolregion Hamburg nicht nur moderner, sondern auch menschlicher zu machen. Kürzlich wurde sein Vertrag bis 2030 verlängert. Kasch ist kein Lautsprecher, sondern ein Zuhörer, und einer, der Dinge lieber ausprobiert, als über sie zu reden. Vor kurzem hat er den Busführerschein gemacht. „Ich wollte selbst erleben, was unsere Fahrerinnen und Fahrer jeden Tag leisten“, erzählt er.
vhh.mobility ist mit 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 800 Bussen an 18 Standorten der drittgrößte kommunale Busbetreiber Deutschlands. Das Unternehmen befördert heute etwa 105,5 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Es ist Partner im Hamburger Verkehrsverbund (hvv) und auf 181 Linien in der Metropolregion Hamburg unterwegs.
Kasch ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler, aber reiner Theoretiker war er nie. Seine berufliche Laufbahn begann im Bahnsektor, später führte er Eisenbahngesellschaften in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Mobilität, sagt er, sei für ihn immer mehr gewesen als Technik oder Logistik – „es geht um Freiheit und Teilhabe“. Seine Dissertation schrieb er über die europäische Integration des Schienenverkehrs.
Heute gestaltet er die Mobilitätswende in Hamburg: „Die Einführung der Elektromobilität ist ein Systemwechsel im laufenden Betrieb, der den gleichzeitigen Umbau der Flotte und den Aufbau von Ladeinfrastruktur sowie neuen Werkstätten umfasst.“ Verzögerungen bei Genehmigungen und auslaufende Förderprogramme erschweren die Umstellung. Trotzdem bleibt Kasch optimistisch: „Wir gehen den Umbau der nächsten Betriebshöfe an und erwarten die weitgehende Elektrifizierung in den 2030er-Jahren.“ Batterietechnologie statt Wasserstoff – das ist für ihn der wirtschaftlich und ökologisch sinnvollste Weg.
Bereits 2014 hatte das städtische Unternehmen den ersten E-Bus Hamburgs auf der damaligen Linie 48 in Blankenese in Betrieb genommen. Heute werden rund 280 Fahrzeuge – also über ein Drittel der Flotte – rein elektrisch betrieben. Das ist ein Spitzenwert in Deutschland.
Nicht nur die Technik, auch die Menschen sind ihm wichtig: „Wir sind stolz auf unser vielfältiges Team aus über 60 Nationen“, sagt er. „Das ist unsere Stärke.“ Vielfalt ist für ihn kein PR-Thema, sondern gelebte Realität. Die vhh.mobility war eines der ersten Unternehmen, das die Charta der Vielfalt unterzeichnete – eine Verpflichtung zu Offenheit, Fairness und Respekt.
Martin Bill, Staatsrat und Vorsitzender des vhh-Aufsichtsrats, beschreibt Kasch als jemanden, der „fachlichen Sachverstand mit persönlicher Überzeugung für den ÖPNV“ verbindet. Und auch Claudius Mozer, Geschäftsführer der vhh-Beteiligungsgesellschaft, lobt seinen Einsatz für ein „zuverlässiges und innovatives Mobilitätsangebot“.
Privat zeigt sich Kasch bodenständig. Seine Lieblingsorte in Hamburg? Der Zollenspieker, Hamburgs südlichster Punkt. „Wasser, Wiesen, weite Blicke – das erdet mich.“ Und der hippe Stadtteil Ottensen, „weil er so lebendig ist“. Kasch liest gerne Zeitungen klassisch auf Papier. Das letzte Buch? „Der neue Asterix“, sagt er schmunzelnd. Das prägendste? Die Tagebücher von Victor Klemperer 1933-1945. „Wer verstehen will, wie die Nazis sich in der deutschen Gesellschaft festsetzen konnten und was das für heute heißt, dem empfehle ich diese spannend zu lesenden Tagebücher.“
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