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Digital, aber mit Courage
Der Mieterverein zu Hamburg digitalisiert seine Rechtsberatung über den Mitgliederbereich. Der Verein Digitalcourage begleitet den Prozess.
Die Digitalisierung unseres Alltags schreitet rasant voran – auch der Mieterverein zu Hamburg stellt sich dieser Entwicklung. Mit der Umstellung des Beratungsangebots auf digitale Plattformen werden Prozesse beschleunigt, Anfragen effizienter bearbeitet und Ressourcen genutzt. Doch wie nehmen Mitglieder diese Veränderung wahr?
Friederike Jung und Klaus-Peter Kill, langjährige Mitglieder des Mietervereins und engagiert bei der Organisation Digitalcourage, arbeiten als Berufsbetreuer im Auftrag der Hamburger Gerichtsbarkeit und unterstützen Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen. Viele ihrer Klientinnen und Klienten sind Mitglied im Mieterverein und auf dessen Beratung angewiesen. „Wir schätzen die persönliche Erreichbarkeit des Teams um Stefan Schmalfeldt, Leiter der Rechtsabteilung“, berichtet Kill. „Seine Unterstützung war zuverlässig und individuell. Dieser persönliche Draht darf nicht verloren gehen.“
Aus Sicht von Jung und Kill birgt die Umstellung der Rechtsberatung von E-Mail auf den Mitgliederbereich Chancen und Risiken. Die elektronische Vorlage und standardisierte Bearbeitung von Dokumenten ermöglichen eine effizientere Fallabwicklung, sodass Mitglieder schneller Unterstützung erhalten. Aber nicht alle Mitglieder sind digitalaffin genug. „Früher genügte ein Anruf mit der Mitgliedsnummer, um den vertrauten Rechtsberater zu erreichen“, erklärt Jung. „Heute müssen Online-Zugang und Passwort eingerichtet sowie eine schriftliche Falldarstellung eingereicht werden – was mietrechtliche Kenntnisse erfordert.“
Darüber hinaus verändere sich die Beziehung zwischen Mitglied und Berater. Fälle landen bei Mitarbeitenden der Rechtsabteilung, die das Mietverhältnis nicht kennen würden. Eine persönliche Bindung zwischen Mitglied und Rechtsberater werde so erschwert. Hier setzt Digitalcourage an: Die Organisation tritt für das Recht auf analoge Lebenswege ein und will verhindern, dass Mitglieder durch die Digitalisierung benachteiligt werden. Jung und Kill besprachen ihre Anliegen mit dem Vorsitzenden des Mietervereins. „Rolf Bosse konnte datenschutzrechtliche Bedenken ausräumen“, berichtet Kill. „Alle Daten liegen sicher auf Servern in Deutschland; eine Weitergabe an Unbefugte ist ausgeschlossen.“ Trotz dieser Zusicherungen bleiben die Experten skeptisch: „Es geht nicht nur um Datenschutz, sondern auch um Zugänglichkeit“, so Jung. „Digitale Beratung darf nicht dazu führen, dass ältere oder weniger technikaffine Mitglieder abgehängt werden.“
Bosse betont, dass der digitale Zugang eine Ergänzung und kein Ersatz für analoge Kontaktmöglichkeiten ist. Mitglieder können persönlich, per Brief oder telefonisch ihren Beratungsbedarf äußern. Wer mit dem Mitgliederbereich nicht zurechtkommt, erhält Unterstützung. Bosse weist auf eine Besonderheit hin: „Die Mitglieder unseres Vereins bilden eine Solidargemeinschaft. Sie alle tragen dazu bei, den Vereinszweck, der in der Unterstützung der Mieterinnen und Mieter Hamburgs besteht, zu erreichen. Dazu gehört auch, Beratungsanfragen, soweit möglich, über die dafür vorgesehenen Kanäle zu stellen.“
Auch bleibt die Bindung zwischen Mitglied und Rechtsberaterin beziehungsweise Rechtsberater bestehen. „Wir ordnen neue Anfragen den Kolleginnen und Kollegen zu, die die Mitglieder auch in der Vergangenheit beraten haben. Nur, wenn es im Interesse der Mitglieder erforderlich ist, weichen wir davon ab“, so Bosse.
Für Jung und Kill ist die Diskussion nicht abgeschlossen. Sie rufen die Mitglieder des Mietervereins dazu auf, ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu teilen: „Wir möchten wissen, wie die Mitglieder die Digitalisierung wahrnehmen. Welche Hürden gibt es? Welche Vorteile sehen Sie? Nur gemeinsam können wir sicherstellen, dass der Mieterverein weiterhin für alle zugänglich bleibt – digital, aber mit Courage.“
Die Digitalisierung des Beratungsangebots ist ein Schritt in die Zukunft – doch sie wird sensibel und sozialverträglich umgesetzt, um die Stärke des Mietervereins als verlässlicher Partner aller Mitglieder zu bewahren.
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Stichwort: Digitalcourage
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