Eigenbedarf bei Verkaufsabsicht der bisher genutzten Wohnung

Der BGH entschied: Umbaupläne und geplanter Verkauf der eigenen Wohnung schließen Eigenbedarf nicht aus – der Nutzungswunsch des Vermieters bleibt maßgeblich und muss neu geprüft werden.

Urteil vom 24. September 2025 – VIII ZR 289/23

Der Vermieter bewohnt eine Wohnung im 4. Stockwerk eines Berliner Mehrfamilienhauses und vermietet gleichzeitig die ihm ebenso gehörende, ein Stockwerk tiefer gelegene Zweizimmerwohnung. Die Mieterin wohnt dort seit 19 Jahren. Der Vermieter hatte die Wohnung später erworben und war somit in das Mietverhältnis eingetreten. Direkt oberhalb der von ihm selbst bewohnten Wohnung befindet sich das nicht ausgebaute Dachgeschoss, das ebenfalls im Eigentum des Vermieters steht. Der Vermieter möchte seine Wohnung im 4. Stock mit dem Dachgeschoss verbinden und das Dachgeschoss ausbauen. Diese neue geschaffene Maisonettewohnung soll nach Fertigstellung veräußert werden und daher kündigte er der Mieterin im 3. Stockwerk wegen Eigenbedarfs. Vor Beginn der Bauarbeiten würde er in ihre Wohnung einziehen und diese danach auch weiterhin bewohnen. Die Mieterin weigerte sich, die Wohnung zu räumen.

Vor dem Amtsgericht hatte zunächst der Vermieter Erfolg. Das Landgericht Berlin hingegen wies die Klage als rechtsmissbräuchliche Verwertungskündigung zurück, da der Vermieter seinen Bedarf selbst verursacht habe.

Der BGH hob das Urteil jedoch auf. Eine Eigenbedarfskündigung setze lediglich voraus, dass der Vermieter die Wohnung für seine Zwecke benötige. Dies würde nicht bedeuten, dass er zwingend darauf angewiesen sein müsse. Insbesondere könne der Eigenbedarf nicht allein deshalb verneint werden, weil beide Wohnungen über einen ähnlichen Grundriss verfügen und die Wohnverhältnisse des Vermieters sich daher nicht wesentlich veränderten. Er habe den Bedarf nicht „willentlich herbeigeführt“. Ebenso handele es sich nicht um eine sogenannte „Verwertungskündigung“, denn verkauft werden sollte nicht die bislang vermietete Wohnung. Es genüge insoweit allein der plausible Wunsch, die Wohnung selbst zu nutzen. Grundsätzlich hätten die Gerichte diesen Wunsch zu respektieren und nicht ihre eigenen Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters zu setzen. Daher habe das Landgericht in einem erneuten Verfahren das Vorliegen des geltend gemachten Eigenbedarfs konkret zu überprüfen.

Kommentar: Ein problematisches Urteil. Eine Kündigung kann zwar nicht mit der Absicht erfolgen, die sodann unvermietete Wohnung zu veräußern. Wenn jedoch geplante Umbau- oder Verkaufspläne für die von der Vermieterseite bisher genutzten Wohnung den Eigenbedarf begründen können, werden allein finanzielle Interessen der Vermieterseite gleichwohl berücksichtigt. Zudem eröffnet diese Konstellation die Gefahr eines vorgetäuschten Eigenbedarfs, zumal vorgetragene Verwertungsinteressen leicht zu behaupten und schwer zu widerlegen sind. Anstatt einer weiteren Aufweichung der Erfordernisse eines Eigenbedarfs bedarf es vielmehr strengerer Nachweispflichten für das Bestehen der behaupteten Gründe.

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