Kein Anschluss unter dieser Nummer

Ein Mann, der vor einem verwucherten Gestrüpp steht.
Jürgen Sch. ist enttäuscht: Sein Vermieter entfernte Anfang 2024 Gestrüpp nur teilweise – und war anschließend nicht mehr erreichbar. Foto: Christopher von Savigny

Kontakte per Telefon, Mail oder Brief bleiben ohne Ergebnis: Was tun, wenn der Vermieter scheinbar abgetaucht ist?

Irgendwann hat Jürgen Sch. (82) begonnen, sich richtig zu ärgern: „Ich wollte, dass mein Vermieter das Chaos wieder beseitigt“, erzählt der Senior, der in einem Endreihenhaus in Farmsen lebt. Ungefähr vor eineinhalb Jahren war er zuletzt mit dem Eigentümer zusammengetroffen. Dieser hatte seinerzeit angeboten, am Ende des mitvermieteten Gartengrundstücks – Größe: knapp 270 Quadratmeter – einen Autostellplatz zu errichten, um dem betagten Bewohner den Weg zu dessen rund 300 Meter entfernten Garage zu ersparen. Zwar keine Weltreise, aber dennoch beschwerlich für Sch., der mittlerweile nicht mehr so gut zu Fuß ist.

Wie ging es weiter? Im Frühjahr 2024 tauchte Vermieter Erkan B. laut Sch.‘s Erzählung zusammen mit ein paar Helfern auf. Gemeinsam rodeten sie die kleine Grünfläche, die nach etlichen Jahren völlig zugewuchert war und ohnehin ein wenig gärtnerische Pflege vertragen konnte. Sie fällten einige Nadelbäume, einen großen Nussbaum und stutzten das Brombeergebüsch zurecht. Beim Abtransport des Holzes wurde die Dachpappe des Gartenschuppens beschädigt, den Sch. einst eigenhändig errichtet hatte. Getränkedosen und Essensreste blieben im Gras liegen. Der Mieter beschwerte sich jedoch nicht, da er sich auf seinen Parkplatz freute.

Dann aber geschah nichts mehr. „Funkstille“, sagt Sch. „Das Letzte, was ich von ihm gehört habe, war: ‚Als nächstes machen wir die Wurzeln raus‘.“ Der betroffene Mieter schrieb mehrere Mails, bekam aber nie eine Antwort. Postalisch versandte Briefe blieben ohne Reaktion. Auch Telefonanrufe brachten kein Ergebnis, da der Handyanschluss von B. offenbar abgeschaltet war. „Wie kann es sein, dass ein Vermieter einfach so von der Bildfläche verschwindet?“, fragt Sch. empört. „Man braucht doch einen Ansprechpartner, falls mal etwas Wichtiges zu besprechen ist!“

In Herbst dieses Jahres wurde die Angelegenheit noch etwas akuter. Der Anlass: Eine Firma für Netzwerktechnik hatte in der Siedlung Glasfaser verlegt. Jetzt wollte das Unternehmen wissen, ob ein Zugang zum Haus hergestellt werden sollte. Auch in diesem Fall scheiterte die Kontaktaufnahme zum Vermieter. „Ich brauche das neue Kabel zwar nicht so dringend, aber es ist trotzdem ein blödes Gefühl“, sagt Sch.

Wie ist die Rechtslage? Laut Mieterverein zu Hamburg muss ein Betroffener stets die Möglichkeit haben, sich an einen Vermieter oder eine Hausverwaltung wenden zu können – etwa bei Schäden wie Rohrbrüchen, Schimmelbefall oder undichten Fenstern. Eine Mängelanzeige sei in solchen Fällen gesetzlich vorgeschrieben. Notfalls müsse die Rechnung eben erst mal selbst übernommen und anschließend beim Vermieter geltend gemacht werden. „Zum Glück kommen solche Fälle in der Praxis selten vor, aber Schwierigkeiten bereitet uns schon manchmal die Benennung einer ladungsfähigen Anschrift“, sagt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins.

Was aber tun im „Worst Case“? Wenn man seine vier Wände kündigen möchte, der Vermieter sich aber offenbar in Luft aufgelöst hat? Laut Bosse ist die Frage nicht so leicht zu beantworten. „Formal gesehen muss die Kündigung den Empfänger erreichen, und zwar in Schriftform, also nicht per E-Mail oder Fax“, erklärt er. Scheiterten alle Versuche, könne man die Zustellung über das Amtsgericht beantragen. Dann werde die Kündigung per Aushang zugestellt. „Das alles ist langwierig“, so Bosse. Streng genommen müsse die Miete so lange weitergezahlt werden. Wichtig sei in jedem Fall, die Umstände genau zu dokumentieren. „Die Mieterseite muss im Nachhinein beweisen können, dass ihr die Kündigung und die Rückgabe der Wohnung wegen des Verhaltens des Vermieters nicht möglich war.“

Zurück zu Jürgen Sch.: Von Natur aus ist der 82-Jährige ein ruhiger Mensch, der Streitereien lieber aus dem Weg geht. Vor 14 Jahren starb seine Ehefrau, seither lebt er allein. Das schmucke Häuschen in Farmsen ist bereits seit 46 Jahren sein Zuhause – und wird dies aller Voraussicht nach bleiben. Mit Erkan B., einem jungen Mann, der die Immobilie vor gut zehn Jahren erworben hat, ist Sch. bislang immer gut zurechtgekommen. Zusammen mit einem Kumpel habe B. das Dach des Reihenhauses repariert und dabei eigenhändig schwere Teerpappe-Rollen geschleppt. „Er hat sich richtig reingehängt“, sagt Sch. Zudem hätten Handwerker eine moderne Gasheizung eingebaut und die Fassade neu gestrichen. Später sei der Kontakt etwas abgeflaut. Als vor etwa vier Jahren nach einem Starkregen Wasser ins Mauerwerk eindrang und für Flecken an der Wohnzimmerdecke sorgte, dichtete Sch. die Löcher selbst mit Flüssigkunststoff ab. Hilfe bekam er keine, was Sch. nicht weiter schlimm fand. „Es hat ja alles geklappt“, sagt er.

Über einen Umweg – die Festnetznummer von B.‘s Eltern – kann der Kontakt zum Vermieter schließlich doch noch hergestellt werden. Es stellt sich heraus, dass der betreffenden Handynummer eine Ziffer fehlte – was für ein blöder Lapsus! Und was ist mit all den E-Mails? Mit Briefen, die geschickt wurden? B. weiß von nichts. „Ich habe nur einmal etwas bekommen, vor einem halben, dreiviertel Jahr etwa“, sagt er bei einem Telefonat mit dem Mieterverein. Die Mail habe aber nicht so geklungen, als habe Sch. eine Antwort von ihm erwartet. Auch die Frage nach der fehlenden Post bleibt unbeantwortet. „Ich habe noch andere Mieter, die konnten mich schließlich auch kontaktieren in letzter Zeit“, sagt B.

Inzwischen haben sich Mieter und Vermieter ausgesprochen. „Nett“ sei es gewesen, resümiert Sch. Die Glasfaserfirma sei bereits kontaktiert worden. Zudem habe sich B. sofort bereit erklärt, die angefangenen Rodungsarbeiten zu beenden und den Schaden am Gartenhaus zu beheben. Von einem neuen Stellplatz auf Vermieterkosten will der Angesprochene jedoch nichts wissen. „Wir haben lediglich gerodet, weil es so zugewuchert war“, erinnert er sich. Damit sei die Sache für ihn erledigt gewesen. „Wenn Herr Sch. einen Parkplatz haben möchte, kann er das gerne machen – aber auf eigene Rechnung.“ Eine Zusage von ihm habe es nie gegeben, so B.

Dennoch ist Jürgen Sch. zufrieden, dass wenigstens ein paar Dinge ins Rollen gekommen sind. Auf den Stellplatz hat er allerdings gar keine Lust mehr. „Ich werde dort einfach etwas Neues hinpflanzen“, sagt er.

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