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Mietertag fordert Kurswechsel

Rund 400 Delegierte aus ganz Deutschland fordern sofortige Maßnahmen gegen steigende Mieten: bundesweiter Mietenstopp, verschärfte Mietpreisbremse und 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr.
Rund 400 Delegierte aus dem gesamten Bundesgebiet kamen Ende Juni in Rostock-Warnemünde zum 71. Deutschen Mietertag zusammen – der wichtigsten wohnungspolitischen Konferenz des Jahres. Sie stimmten über mehr als 70 Anträge ab und forderten einen Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Im Zentrum standen dabei die sofortige Einführung eines bundesweiten Mietenstopps, die Ausweitung und Verschärfung der Mietpreisbremse sowie ein klares Bekenntnis zu dauerhaft gebundenem sozialen Wohnraum. Der Mieterverein zu Hamburg war mit knapp 20 Delegierten vertreten.
Gleich zum Auftakt des Mietertags hob der scheidende Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, in seiner Eröffnungsrede das 125-jährige Bestehen des Mieterbundes hervor. Er blickte auf die lange Geschichte der Mieterbewegung zurück und machte zugleich deutlich, dass die aktuellen wohnungspolitischen Herausforderungen mehr denn je entschlossenes Handeln erfordern.
Tatsächlich verdeutlichte die Stimmung im Plenum die Dringlichkeit: Die Mieten steigen, es fehlt an bezahlbarem Wohnraum und viele Menschen haben große Sorge, ihre Wohnung zu verlieren. Als politischer Höhepunkt wurde am Freitag der Leitantrag mit großer Mehrheit beschlossen – ein 13-seitiges Forderungspapier mit klaren Zielen: Der DMB verlangt unter anderem 100.000 neue dauerhaft gebundene Sozialwohnungen pro Jahr sowie 12,5 Milliarden Euro an staatlicher Förderung – jenseits der Schuldenbremse. „Bezahlbares Wohnen muss endlich Priorität haben“, heißt es im Text.
Prominente Gäste stärkten den Mieterinnen und Mietern dabei den Rücken: Bundesjustizministerin Stefanie Hubig kündigte in ihrer Rede während der öffentlichen Kundgebung verschärfte Sanktionen bei Mietpreisverstößen an. Mietwucher solle künftig konsequenter verfolgt werden. „Wir haben ein akutes Problem mit hohen Mieten – vor allem in Ballungsräumen. Die Mietpreisbremse allein reicht nicht mehr aus. Wir brauchen wirksamere Instrumente“, so Hubig. Sie betonte die Rolle des Mieterbundes als unverzichtbare Stimme in der wohnungspolitischen Debatte: „Sie sorgen mit Ihren Argumenten dafür, dass Mieterinnen und Mieter gehört werden.“
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sprach über wirtschaftliche Transformationen: „Wohnen ist eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer Zeit und gleichzeitig eine große wirtschaftliche Herausforderung. Die Lösungen bei der Transformation liegen auf der Hand, erfordern jedoch mehr Mut und Geschwindigkeit von Staat und Unternehmen.“ In der abschließenden Diskussionsrunde mit ihm und der neu gewählten DMB-Präsidentin Melanie Weber-Moritz sprach sich diese für einen bundesweiten sechsjährigen Mietenstopp aus.
Die bisherige Bundesdirektorin folgt auf Lukas Siebenkotten, der den Verband 18 Jahre lang geführt hat. Die Delegierten setzten mit ihrer Wahl ein klares Zeichen für Kontinuität und neue Impulse. „In meiner Präsidentschaft werde ich meine ganze Kraft dafür einsetzen, Mieten wieder für alle Mieterinnen und Mieter in Deutschland bezahlbar zu machen – unabhängig von Einkommen, Wohnort, Herkunft, Geschlecht, gesellschaftlichem Status oder Familienstand. Denn Wohnen ist ein Menschenrecht und kein Spekulationsgut“, sagte die studierte Stadtplanerin in ihrer Antrittsrede.
Ein bewegender Moment für die Hamburger Delegation war die Auszeichnung von Rolf Bosse, dem Vorsitzenden des Mietervereins zu Hamburg. Für seine besonderen Verdienste und seinen unermüdlichen Einsatz für die Rechte der Mieterinnen und Mieter erhielt er die Ehrennadel in Platin – die zweithöchste Auszeichnung des Deutschen Mieterbundes. Mit langanhaltendem Applaus würdigten die Delegierten sein Engagement, seine Beharrlichkeit und seine klare mieterpolitische Haltung.
Neben den formellen Abstimmungen, den Reden und Podiumsdiskussionen war der Mietertag auch ein Ort für Vernetzung, Austausch und Strategiediskussionen. In zahlreichen Gesprächen wurde deutlich: Die Wohnungsfrage bleibt eines der drängendsten sozialen Themen unserer Zeit. Die Delegierten zeigten sich entschlossen, gemeinsam Druck auf die Politik auszuüben – auf allen Ebenen.
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