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Urbanes Extremwetter
Wenn Wetterextreme zur Normalität werden, rückt die Frage nach klimaresilienter Planung ins Zentrum – und zeigt, wie dringend Wissenschaft, Politik und Wirtschaft gemeinsame Antworten finden müssen.
Wenn Rheinpegel sinken und Felder verdorren, zeigt sich, wovor Klimaforschende seit Jahren warnen: Extremwetterereignisse werden häufiger und intensiver. Auf dem 15. Extremwetterkongress und der 2. Klimamanagementtagung an der HafenCity Universität Hamburg wurde deutlich, wie stark diese Entwicklung unser Leben beeinflusst.
Veranstalter Frank Böttcher brachte Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Klimaschutz zusammen, um Lösungen für die Herausforderungen des Klimawandels zu diskutieren. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) lieferte aktuelle Analysen. Meteorologe Tobias Fuchs zeigte, wie sehr Deutschland 2025 unter Dürre litt: Von Februar bis Mai blieb es ungewöhnlich trocken, es kam zu Waldbränden und historisch niedrigen Pegelständen des Rheins. Die Landwirtschaft war besonders betroffen, doch auch die Gesellschaft spürt die Folgen des anhaltenden Treibhausgasanstiegs, dem Haupttreiber extremer Wetterlagen.
Fuchs betonte, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur ungebremst weitergeht. Deutschland erwärmt sich etwa dreimal schneller als der globale Mittelwert. Zwar fiel der Temperaturanstieg 2025 ohne das Wetterphänomen El Niño etwas geringer aus, doch die Prognosen bleiben alarmierend. Städte wie Hamburg müssen sich deutlich stärker auf Hitze einstellen: Vor 1994 wurde keine einzige Hitzewelle registriert, seither jedoch sechs. Das zeigt, wie stark sich das Klima bereits verändert hat und wie wichtig klimafeste Stadtplanung wird.
Ein zentraler Schwerpunkt des Kongresses war der Gebäudesektor, der weltweit rund 40 Prozent der CO₂-Emissionen verursacht. Helge Scheunemann (JLL) unterstrich, dass für Netto-Null-Ziele vor allem die Sanierung des Bestands entscheidend ist. Etwa 60 Prozent der Unternehmen setzen bereits auf klimaresiliente Gebäude. Zugleich kritisierte er, dass wirtschaftliche Rendite oft Vorrang habe und Klimarisiken stärker in wirtschaftlichen Kategorien vermittelt werden müssten. Ein „Eye Opener“ sei die Bewertung von Immobilien unter unterschiedlichen Klimaszenarien, um finanzielle Risiken sichtbar zu machen.
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Auch die Verantwortung der Bauwirtschaft wurde betont: Die Zementproduktion verursacht fast so viele Emissionen wie der globale Flugverkehr. Gleichzeitig bietet der Sektor Potenziale. Holz als natürlicher CO₂-Speicher kann Emissionen senken und Gebäude klimafreundlicher machen. Angesichts knapper Rohstoffe und jährlich 229 Millionen Tonnen Bauabfall ist ein Umdenken nötig. Sanierung und Umbau sind oft sinnvoller als Neubau, da Infrastruktur und Quartiersstrukturen bereits vorhanden sind.
Eine Vertreterin der Immobilienwirtschaft verwies darauf, dass der Rückgang der Neubauzahlen nicht nur an hohen Kosten liege, sondern auch an der Sorge vor künftigem Leerstand durch den demografischen Wandel. Daher müsse der Fokus auf ressourcenschonendem, energieeffizientem Umbau liegen – auch mit flexiblen Modulbauweisen.
Der bauliche Bevölkerungsschutz spielte ebenfalls eine wichtige Rolle. Mit zunehmenden Hitzewellen und Hochwassergefahren müssen Gebäude klimaangepasst geplant werden. Statt energieintensiver Klimaanlagen bieten Laubengänge, Verschattung sowie Dach- und Fassadenbegrünungen wirksame Alternativen zur Kühlung. Beim Hochwasserschutz kann moderne Bauweise Gebäude so stabil konstruieren, dass sie dem hydrostatischen Druck standhalten.
Der Kongress zeigte insgesamt, dass der Klimawandel nicht nur Herausforderung, sondern auch Chance für Innovation und nachhaltige Entwicklung ist. Voraussetzung dafür sind klare politische Signale und verlässliche Rahmenbedingungen. Erst wenn CO₂-neutrale Produkte günstiger werden als konventionelle, so Böttcher, wird der Wandel zur Klimaneutralität wirklich Fahrt aufnehmen.
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