Abseitiges Hamburg

Buchcover vom Buch Verborgenes Hamburg
Rike Wolf und Holmer Stahncke: Verborgenes Hamburg, Jonglez Verlag, Ostfildern 2025, 312 Seiten, 21,95 Euro

Ein Reiseführer der anderen Art: Abseits der Touristenpfade zeigt das Buch Hamburgs unbekannte Orte und überraschende Geschichten – spannend, historisch und sehr besonders.

Noch ein Hamburg-Reiseführer? Das mögen diejenigen fragen, die schon alles über die schöne Stadt zu wissen glauben. Ja, noch einer, ein ganz besonderer! Die Autoren führen ihre Leser nicht auf den Michel oder in die Elphi, sondern – fernab von Touristenströmen – an abseitige, besondere Orte, an denen man im Alltag oft achtlos vorbeiläuft. Ob historische Litfaßsäulen, Grenzmarkierungen zwischen Hamburg und Altona, napoleonische Kanonenkugeln oder ein Blütengarten, wo man „Uwe Seeler“ bewundern kann – das handliche Buch, hält mehr als 140 Überraschungen parat.

Wussten Sie beispielsweise, dass Hamburg kleinstes Denkmal den Chilehaus-Baumeister Fritz Höger darstellt? Es befindet sich in einer Nische des von ihm entworfenen Broschek-Hauses, das der bekannte Architekt Volkwin Marg lange nach Högers Tod vollendete. Marg entdeckte die Plastik im Privatbesitz der Witwe und ließ daraus einen Abguss fertigen. Nun sitzt der „kleine Fritz“ lässig auf die Knie gestützt und schaut selbstbewusst und ein wenig überheblich – ganz so wie es seinem ruppigen Naturell entsprach – von seinem Minisockel herab.

Unerwartetes gibt es auch bei Planten un Blomen zu entdecken. Dort befanden sich von 1795 bis ins frühe 20. Jahrhundert die Friedhöfe der Hauptkirchen. Die letzten Gräber wurden 1930 eingeebnet. Heute erinnert nur noch ein versteckter, über einen Trampelpfad erreichbarer Sarkophag an diese Zeit. Der Inschrift „Friede den Entschlafenen“ von 1815 ist den zahlreichen Opfern der „Franzosenzeit“ gewidmet, eines der schlimmsten Kapitel in der Geschichte Hamburgs. An dunkle Zeiten wird auch in der ehemaligen Zentrale der Gestapo an der Stadthausbrücke – wiedererbaut vom umstrittenen Investor Quantum als „Görtz‘sches-Palais“ – erinnert. Dort wurden einst Menschen gefoltert, um Geständnisse zu erzwingen. Nach langem Ringen zwischen Investor, Kulturbehörde und Kritikern ist ein Gedenkort entstanden; nun ist der historische „Seufzergang“, durch den die Verhafteten von den Zellen zu den Verhörräumen geführt wurden, zugänglich.

Die kurzen, prägnanten und kenntnisreichen Texte regen zu weiterführender Lektüre an. Ein alphabetischer Index und Übersichtskarten bieten Orientierung. Ein gelungenes Buch, das sich hervorragend als Geschenk eignet.

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