Eigenbedarf falsch begründet: Mieter darf bleiben

Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 5. Mai 2021, 49 C 569/20
Mitgeteilt von den Rechtsanwälten Steins & Schadendorff

Die Räumungsklage einer Vermieterin hatte keinen Erfolg, weil sie ihre Kündigung aufgrund vorgetragenen Eigenbedarfs nicht ausreichend begründet hatte.

Die Vermieterin wohnt im Ausland und hatte den Mietern im Rahmen ihrer Kündigung mitgeteilt, dass sie die Wohnung in Hamburg zukünftig selbst nutzen wolle. Eine weitere Begründung erfolgte nicht. Dies war für eine wirksame Kündigung nicht ausreichend. Eine Eigenbedarfskündigung soll dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition verschaffen und ihn so in die Lage versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Der Vermieter soll sich auch selbst über die Rechtslage und die Aussichten der Kündigung bewusst sein, indem er sich im Rahmen seiner Kündigung mit den Kündigungsgründen auseinandersetzt.

Dem Kündigungsschreiben der Vermieterin war zwar zu entnehmen, dass sie die Wohnung in Zukunft selbst nutzen wolle. Es blieb jedoch unklar, inwieweit die Vermieterin nach Hamburg zurückkehren und die Wohnung selbst bewohnen möchte. Außerdem war unklar, welche Gründe es hierfür gibt und inwieweit es sich beispielsweise lediglich um eine rein sporadische Nutzung handeln soll, falls die Vermieterin sich nur gelegentlich in Hamburg aufhalten sollte. Die Mieter können dem Kündigungsschreiben auch nicht entnehmen, welche Gründe dazu führen, dass die Vermieterin die Wohnung selbst nutzen möchte. Denkbar sind hier etwa familiäre oder auch berufliche Gründe. Vor diesem Hintergrund ist es für die Mieter nicht möglich zu prüfen, inwieweit ein Eigenbedarf der Vermieterin tatsächlich besteht. Es ist den Mietern mithin gar nicht die Möglichkeit gegeben, sich Klarheit über ihre Rechtsposition zu verschaffen. Die Kündigung war daher nicht geeignet, das Mietverhältnis zu beenden.

Die Vermieterin hatte den Mietern hilfsweise zusätzlich aufgrund vermeintlicher Mietrückstände gekündigt, nachdem sie Nachzahlungen von Betriebskosten nicht geleistet hätten. Das Gericht stellt insoweit fest, dass ein Zahlungsrückstand tatsächlich nicht bestand, da die Abrechnungen schwerwiegende Mängel aufwiesen.

In den Betriebskostenabrechnungen wurden beispielsweise die Kostenpositionen Heizenergie/Wartung und Schornsteinfeger in unzulässiger Weise zusammengefasst. Dies ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn es sich beispielsweise um eng miteinander verbundene Kostenarten handelt, wie dies beispielsweise bei Frisch- und Schmutzwasser der Fall sein kann. Dies war bei den Positionen Heizkosten, Wartungskosten und Schornsteinfegerkosten nicht der Fall, da hier keinerlei Zusammenhang bestand. Die Vermieterin konnte sich auch nicht darauf berufen, dass sich aus der Heizkostenabrechnung, die beigefügt war, ein entsprechender Betrag für Wartungen und den Schornsteinfeger ergab.

Die Abrechnungen wiesen des Weiteren als Umlageschlüssel „MEA“ auf. Dies führte ebenfalls unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Abrechnung nach Wohnflächenanteilen zu einer Unwirksamkeit der betroffenen Abrechnungspositionen. Dieser Umlageschlüssel ist lediglich für den mietrechtlichen Praktiker oder das Mitglied einer Eigentümergemeinschaft nachvollziehbar, da es sich hierbei um die Kostenumlage im Fall einer Eigentumswohnung nach Miteigentumsanteilen handelt. Dem rechtlichen Laien sagt diese Abkürzung nichts. Da der Mietvertrag eine Umlage nach Flächenanteilen vorsah, hilft auch der mietvertraglich vereinbarte Umlageschlüssel insoweit nicht weiter.

Die Mieter konnten schließlich zu Recht die Kostenposition „Allgemeinstrom“ beanstanden. Umlagefähig sind nach der Betriebskostenverordnung die Kosten für die Beleuchtung. Die Kosten weiter gehenden Stroms, die etwa häufig mit der Kostenposition Allgemeinstrom bezeichnet werden, können aber auch andere Kostenarten bei Strom enthalten, wie etwa die Kosten einer Lüftungsanlage. Aus diesem Grund geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine Stromkostenumlage, die sich nicht ausschließlich auf die Beleuchtungskosten beschränkt, unwirksam ist.

Da die Vermieterin nicht ihre Eigenbedarfskündigung hinreichend begründet hatte, und auch eine Kündigung aufgrund vermeintlichen Zahlungsverzugs der Mietparteien scheiterte, war das Mietverhältnis in unbefristeter Form fortzuführen. Das Gericht musste sich nicht mit der Frage befassen, inwieweit Betriebskostenrückstände überhaupt eine Kündigung rechtfertigen könnten. In diesem Zusammenhang dürfte zu berücksichtigen sein, dass der Mieter grundsätzlich davon ausgehen darf, dass der Vermieter auskömmliche Betriebskostenvorauszahlungen einfordert. Es dürfen für Betriebskosten lediglich Vorauszahlungen in angemessener Höhe vereinbart werden, das heißt sie müssen ungefähr den tatsächlichen Kosten entsprechen. Der Vermieter hat zudem jederzeit die Möglichkeit, zu erwartenden Betriebskostenmehrausgaben durch Erklärung gegenüber dem Mieter weiterzugeben und diesen zu einer erhöhten Lizenzzahlung vertraglich verpflichtend zu veranlassen. Hierzu besteht nach einer Abrechnung mit einer Nachforderung besonderer Anlass. Ansonsten ist der Mieter nicht in der Pflicht, für eine etwaige Nachforderung Rücklagen zu bilden, zumal er weder die Höhe der Forderung noch den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit vorher kennen kann.

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